Wo das Hardermannli residiert

    TOP OF INTERLAKEN – Hätte Interlaken einen König, würde er auf dem Harder Kulm residieren. Von der Aussichtsplattform auf 1’322 m ü. M. sähe er gnädig auf Brienzer- und Thunersee hinunter oder würde Eiger, Mönch und Jungfrau betrachten. Nehmen Sie Platz in der Standseilbahn und fahren Sie auf den Interlakner Hausberg hoch.

    (Bild: Ruedi Horber) Voll auf ihre Rechnung kommen hier die Aussichtshungrigen: Interlaken mit dem Thuner- und dem Brienzersee zu Füssen, das weltberühmte Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau stets im Blickfeld.

    Seit über 100 Jahren fährt die Harder-Standseilbahn von Interlaken Ost durch den Wald hinauf zum Harder Kulm, allerdings nur von Mitte April bis Ende November – im Winter herrscht Ruhe am Berg. Die Bahn wurde am 5. Mai 1908 eröffnet und 1966 grundlegend modernisiert. Sie gehört zur Jungfraubahn Holding AG, einem der grössten touristischen Unternehmen der Schweiz. Die Fahrzeit dauert 10 Minuten, die Höhendifferenz beträgt 737 Meter. Das markante Restaurant mit Türmchen und rotem Ziegeldach befindet sich nur fünf Spazierminuten von der Bergstation entfernt.

    Panoramablick und Hardermannli
    Obwohl nur 1321 Meter hoch und eigentlich kein richtiger Berg, ist das Panorama schlichtweg fantastisch. Eine luftige Aussichtsplattform, der «Zwei-Seen-Steig», bietet eine einmalige Sicht auf das berühmte Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau, viele weitere Berge des Berner Oberlandes sowie auf Thuner- und Brienzersee. In der Mitte der formschönen Plattform können die Besucher durch eine Glasfläche in die Tiefe nach Interlaken hinunterschauen. Für viele in- und ausländische Touristen ist der Harder ein idealer Kurzausflug, um einen ersten Überblick über die Jungfrauregion zu erhalten.

    Wer den Harder von Interlaken aus genau betrachtet, dem fällt etwas ganz Spezielles auf: Mitten im Harderwald befindet sich eine felsige Fläche, worin man das Gesicht eines Mannes erkennt. Wie ist er wohl dorthin gekommen? Dazu gibt es verschiedene Mythen und Legenden. Die bekannteste Geschichte ist die Sage vom Hardermannli. Danach traf ein lustwandelnder Mönch hoch im Walde ein Mädchen aus Unterseen beim Holzsammeln. Er stellte ihm nach, bis das Mädchen in seiner Angst davonrannte und über die jähe Fluh zu Tode stürzte. Zur Strafe wurde der Mönch vom himmlischen Richter in Stein verwandelt und dazu verflucht, bis in alle Ewigkeit zur Stelle seines Verbrechens hinunterzuschauen.

    Trailrunning und Wandern
    Sportliche steigen auf dem guten, abwechslungsreichen Wanderweg im Wald zum Harder hoch und nehmen die Bahn zurück. Und zwar auf Tempo, manchmal gleich mehrmals am Tag. Seit kurzer Zeit kann man jeweils zwischen Mitte September und Ende November dank fix installierter Zeitmessung seinen Wettkampf- und Leistungshunger stillen – ganz individuell und damit Corona konform. Die Bestzeit bei den Männern beträgt für die rund 750 Höhenmeter und 3,6 km Distanz unglaubliche 26.57 Minuten, aufgestellt am 21. November 2020 durch Jonathan Schmid. Den Rekord bei den Frauen hält die bekannte Bernerin Anita Weyermann mit 34.24 Minuten.

    Es geht aber auch gemütlicher – zum Beispiel von einem der Waldwege hinunter vom Harder nach Interlaken. Oder spektakulärer, aber auch anstrengender, auf dem Hardergrat bis zum 2136 Meter hohen Augstmatthorn. Diese Gratwanderung zählt zu den schönsten Tagestouren in der Schweiz überhaupt. Neben der grandiosen Aussicht auf die Berner Alpen und steil hinunter zum Brienzersee gibt es eine weitere Attraktion: Vielfach tummeln sich auf der Gratflanke unzählige Steinböcke und Gämsen. Höchste Zeit also, diese Wanderung einmal selbst unter die Füsse zu nehmen.

    Ruedi Horber

    www.jungfrau.ch


    NACHGEFRAGT

    Bei Dieter Aegerter, Pächter des Restaurants Harder Kulm:

    Wie viele Touristen kommen in Normalzeiten jährlich auf den Harder?
    Dieter Aegerter: Im Jahre 2019 verzeichneten wir über 300‘000 Gäste. Die Gesamtfrequenz (Berg- und Talfahrt) betrug 606‘200. Wir schlüsseln den Anteil aus- und inländischer Gäste nicht auf.

    Wie stark ist der Umsatz im Vergleich zu den Vor-Pandemiezeiten zurückgegangen?
    Die Harderbahn konnte 2020 einen respektablen Gewinn von 1,0 Millionen Franken erzielen. 2019 betrug der Gewinn 3,5 Millionen Franken.

    Gibt es eine Rekordmarke an jährlichen Harderbesteigungen?
    Bei unserer Läufer-Aktion im letzten Jahr von Juni – November schaffte es eine Läuferin 181-mal zu Fuss auf den Harder.

    Ho

    Vorheriger ArtikelDer Apfelkanton am Bodensee
    Nächster ArtikelWo «Hügu» und «Himu» sich küssen